Nora fragt den Redakteur
Wie reagieren Redakteure auf Stock-Fotos?
Wie läuft die Arbeit in der Redaktion ab? Was ist dem Redakteur wichtig? Wer sein Gegenüber kennt, kann besser mit ihm zusammenarbeiten. Deshalb lassen wir in dieser Reihe Redakteure zu Wort kommen. Heute spricht Nora mit Thomas Reznicek, Herausgeber und Chefredakteur von der Zeitschrift Austromatisierung, über „Stock-Fotos“.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, behauptet der Volksmund. Wie wichtig sind Bilder im Zusammenhang mit Fachartikeln?
Sehr  wichtig! Ich behaupte im Printmedium sogar noch viel mehr als auf digitalen Kanälen. Es ist im Fach- genauso wie im Consumer- oder Lifestylemagazin: Eine gut gemachte Komposition aus Aufmacherbild und Headline „spricht“ den Leser an und weckt idealerweise sein Interesse, die Story zu lesen. Bilder, auf denen man auch tatsächlich etwas sieht, in einer ausgewogenen Balance zum Text, machen einen wesentlichen Teil des Leseerlebnisses aus. Mein noch nicht schulpflichtiges Patenkind Stefan blättert liebend gern in Illustrierten und schaut sich fasziniert die Bilder an. Unlängst blieb er bei einer Bauernhof-Abbildung, auf der viele Tiere aber auch Maschinen zu sehen waren, hängen, und fragte mich sogleich auf den Bildtext zeigend: „Was steht denn da?“
Welche Anforderungen habt ihr als Redaktion an zugesandte Bilder in Bezug aufs Dateiformat, die Bildgröße, Ausrichtung, Bildaufbau und so weiter?
Eigentlich gar keine besonderen. Ich bin schon happy, wenn die Auflösung zumindest echte – und nicht interpolierte – 300 dpi zählt und der Bildinhalt einigermaßen aussagekräftig ist und nicht bloß als Träger des Markenlogos dient. Profifotografen werden leider immer seltener hinzugezogen, weil fotografieren „kann“ doch heutzutage eh jeder. Das Dateiformat ist mir relativ egal – jpg oder png sind für unsere Zwecke völlig ausreichend bzw. hinsichtlich ihrer Komprimierung überhaupt kein Problem. Leider glauben viele, dass ein „gutes“ Pressebild mindestens 20 MB groß und unbedingt als eps- oder tiff-Datei gespeichert sein muss.
Viele Firmen bieten Redaktionen neben den klassischen Produktfotos auch Stockfotos z.B. für Aufmacherfotos an. Wie stehst du dazu?
In Austromatisierung arbeiten wir seit Anfang an mit individuellen Aufmachern – nicht zwangsläufig, aber wenn es Thema und Headline hergeben, lehnen wir uns gerne aus dem Fenster und wählen für unsere Kreativaufmacher teils abstrakte, teils konträre und teils witzige, jedenfalls aber ansprechende Motive. Wer sagt denn, dass Technik immer nur trocken präsentiert werden muss? Die Fotos kaufen wir bei der Bilddatenbank unseres Vertrauens. Insofern benötigen wir generell keine beigestellten Stockfotos als Aufmacherbilder, weil wir diese ohnehin nicht übernehmen – auch um unserer grafischen Linie als klares Unterscheidungsmerkmal treu zu bleiben. Ärgerlich – und das nimmt leider in letzter Zeit spürbar zu – sind Stockfotos, die in vermeintlich firmeneigenen Produkt- oder Anlagenmotiven „versteckt“ werden. Wenn ich derartige Bilder nutze, kann mich das in rechtliche Schwierigkeiten bringen.
Wieso das?
Das heißt, du musst die Bildrechte nochmals für deine Zeitschrift erwerben?
Wenn ich etwa bei einem Gastbeitrag ein beigestelltes Stockfoto – auch wenn nur innerhalb einer Montage verwendet – abdrucke, ja. Dafür bräuchte ich aber für jede der gängigen Bilddatenbanken ein Abo, was für uns als Verlag keinen Sinn ergibt. Der Knackpunkt ist aber: Wir Redakteure müssen ein Stockbild als solches erkennen. Und das ist leider nicht immer auf den ersten Blick möglich – auch weil es in den seltensten Fällen klar deklariert wird, etwa über einen Fotocredit. Ein gutes Beispiel ist der klassische Laptop in Edelstahloptik, der gerne genutzt wird, um den firmenspezifischen Screenshot einer Softwareoberfläche in Szene zu setzen. Dafür haben wir diverse Laptopansichten in unserem gekauften Portfolio, die wir dann einfach gegen die zugesandten Stockbilder austauschen.
Gibt es Ausnahmen von dem Weitergabeverbot?
Ja, z.B. für Grafiker, die Fotos kaufen und als Teil ihrer Dienstleistung an Endkunden weitergeben. Für sie gilt dann aber auch, dass sie das Bild pro Endkunde jedes Mal neu kaufen müssen. In unserem Fall bedeutet dass: Wenn jemand eine Anzeige oder ein Advertorial – also einen bezahlten, redaktionell anmutenden und also solchen klar deklarierten Beitrag – kauft, ist es aus Sicht des Anzeigenkunden ein kommerzieller Zweck, und er kann daher seine gekauften Bilder verwenden.
Wer trägt die Verantwortung, wenn ihr Stock-Bilder abdruckt, die euch mit einem Fachartikel zugesandt wurden?
Ganz klar wir – die Redaktion bzw. letztendlich der Verlag. Manche Redaktionen schreiben ins Impressum, dass für zugesandtes Bildmaterial nicht gehaftet wird. Das bringt aber meiner Meinung nach rechtlich gar nichts. Ich könnte im Fall der Fälle dann maximal versuchen glaubhaft zu machen, dass mir nicht bewusst war, dass das vom Unternehmen XY zugesandte Pressebild – oder Teile davon – aus einer Bilddatenbank stammen. Allerdings stelle ich mir derartige Diskussion mit ausländischen Anwälten nicht gerade einfach vor.
Was empfiehlst du beim Umgang mit Stock Fotos?
Seit mittlerweile 25 Jahren am Puls der Automatisierungsbranche resp. der Technologieentwicklung sein zu dürfen und trotz technischem Tiefgang »Lesespaß« zu generieren. Am liebsten recherchiere ich Applikationsstorys – direkt vor Ort beim Anwender, im Idealfall einem unserer Leser.
Das kann mich bei meiner Arbeit auf die Palme bringen:
Wenn Presseverantwortliche von Herstellern oder Mitarbeiter von PR-Agenturen für mich die Inhalte meines Magazins vorausplanen und/oder mir meine eigenen Themenschwerpunkte erklären.
Damit kann man mich bei meiner Arbeit glücklich machen:
Mit Exklusivität und wirklich innovativen, neuen Themen ködert man Redakteure – zumindest bei mir funktioniert das in den meisten Fällen. Übrigens unabhängig von der Unternehmensgröße oder dem Werbeetat.